Die High Court Australiens hat entschieden: Unbegrenzte Inhaftierung ist rechtswidrig – Was nun? (2023)

Hintergrund des Falls

In einer wegweisenden Entscheidung hat der High Court of Australia die Freilassung eines Rohingya-Mannes aus der Einwanderungshaft angeordnet, in der er die letzten fünfeinhalb Jahre verbracht hatte. Kommentatoren und Menschenrechtsgruppen feiern diese Entscheidung als Anzeichen dafür, dass das Gericht einen 20 Jahre alten Präzedenzfall kippen wird. Die genaue Tragweite der Entscheidung und ihre Auswirkungen auf die Befugnisse der Regierung zur Inhaftierung von Nicht-Bürgern müssen jedoch noch abgewartet werden.

Fokus auf Gesetze im Migrationsgesetz

Der Fall bezieht sich auf Gesetze im Migrationsgesetz, die besagen, dass ein Nicht-Bürger ohne Visum in Haft genommen werden muss. Gegenwärtig haben Menschen in Einwanderungshaft nicht das Recht, vor Gericht prüfen zu lassen, ob ihre Inhaftierung notwendig, angemessen und/oder verhältnismäßig ist. Diese Bewertungen erfolgen durch Beamte des Ministeriums und den Minister selbst. Die Gesetze sehen die Inhaftierung als zwingend an, unabhängig von den individuellen Umständen. In einem früheren Fall hat der Chief Justice des High Court im Fall Al-Kateb v Godwin die Notwendigkeit der Inhaftierung wie folgt beschrieben:

Eine Person [...] mag jung oder alt sein, gefährlich oder harmlos, wahrscheinlich oder unwahrscheinlich, zu fliehen, kürzlich in Haft oder jemand, der seit Jahren dort ist, gesund oder ungesund, stark von der Inhaftierung betroffen oder relativ unbeeinträchtigt. Die Überlegungen, die auf die Angemessenheit einer Ermessensentscheidung zur Inhaftierung einer solchen Person Einfluss nehmen könnten, greifen nicht.

Die festgehaltene Person muss in Haft bleiben, bis ihr ein Visum erteilt oder sie abgeschoben wird. Die fehlenden zeitlichen Begrenzungen für die Inhaftierung und die Unmöglichkeit ihrer Anfechtung haben Australien international isoliert und Kritik sowohl national als auch global hervorgerufen.

Der Protagonist des Falls

Im Mittelpunkt des Falls steht ein Rohingya-Flüchtling, der als "NZYQ" bezeichnet wird und etwa 30 Jahre alt ist. Als Rohingya konnte er keine Staatsbürgerschaft in Myanmar erlangen und war staatenlos. Er kam 2012 mit dem Boot nach Australien, erhielt zwar ein temporäres Visum, dieses wurde jedoch 2015 nach Begehen einer Straftat und Verurteilung zu einer Gefängnisstrafe widerrufen. Da er kein Visum erhalten konnte, wurde er nach Verbüßung seiner Strafe in Einwanderungshaft überführt. Australien akzeptierte, dass der Mann nicht nach Myanmar abgeschoben werden konnte, und versuchte erfolglos, ihn von anderen Ländern über ihre Flüchtlings- oder humanitären Programme aufzunehmen.

Gesetz mit hohen Kosten

Es gibt eine wachsende Anzahl von Menschen, die lange Zeit in Haft bleiben. Einige sind staatenlos, andere können aufgrund der Gefahr der Verfolgung nicht in ihre Heimatländer zurückkehren. In den letzten fünf Jahren ist die durchschnittliche Haftdauer von 445 Tagen auf 708 Tage gestiegen. Einige Menschen sind seit mehr als 10 Jahren in Haft. Ein Kritikpunkt dieses Systems ist seine extrem hohe Kosten.

Zwischen 2020 und 2021 betrug die durchschnittliche Kosten für einen Insassen in einer Einwanderungshaftanlage 428.542 US-Dollar pro Jahr. Das ganz zu schweigen von den erheblichen physischen und psychischen Belastungen für die Insassen. In den letzten fünf Jahren gab es fast 3.000 Selbstverletzungs- oder Selbstmordandrohungen in der Haft.

Kurzfristige Auswirkungen und mögliche Reformen

Als ersten Schritt sieht sich die Regierung möglicherweise mit der Freilassung mehrerer Personen konfrontiert, die mehrere Jahre in Haft waren. Es wird geschätzt, dass 92 Personen von diesem Urteil betroffen sein könnten. Die Regierung gibt an, dass der Rohingya-Mann unter "strengen Bedingungen" freigelassen wurde, aber die genaue Art des Visums ist unbekannt. Rechtlich gesehen kann eine Person auf einem temporären "Brückenvisum" aus der Haft entlassen werden.

Das Department of Home Affairs kann Bedingungen für ein Brückenvisum festlegen, darunter:

  • Wohnsitz des Individuums
  • Regelmäßige Berichterstattung an das Department of Home Affairs
  • Verbot krimineller Handlungen
  • Einhaltung eines bestimmten Verhaltenskodex

Selbstverständlich sollten solche Bedingungen von einer Vielzahl psychologischer und sozialer Unterstützungsdienste begleitet werden, die derzeit jedoch sehr begrenzt sind.

Notwendigkeit legislativer Reformen

Es bleibt abzuwarten, welche legislativen Reformen möglicherweise erforderlich sind, aber die Regierung wird verschiedene Optionen in Betracht ziehen. Diese Gelegenheit sollte genutzt werden, um sicherzustellen, dass unsere Gesetze unseren Menschenrechtsverpflichtungen entsprechen. Internationale Standards besagen, dass eine Person, die aus Einwanderungsgründen inhaftiert ist, "schnell" vor eine Justizbehörde gebracht werden muss und ihre Inhaftierung "regelmäßigen periodischen Überprüfungen" unterliegen muss.

Es gibt eine umfangreiche Evidenzbasis, die zeigt, dass dies für viel zu lange Zeit nicht der Fall war. Eine wesentliche gesetzliche Reform sollte die Inhaftierung anstelle der Zwingendkeit machen. Menschen sollten auch Zugang zu einer unabhängigen Überprüfung ihrer Inhaftierung haben. Es gibt zahlreiche Untersuchungen, Stellungnahmen und Beispiele aus dem Ausland, auf die die Regierung zurückgreifen könnte.

Mehr wird in den kommenden Wochen und Monaten über diesen Fall bekannt werden, aber die Regierung kann sofort damit beginnen, dieses ungerechte und strafende System besser auszubalancieren.

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Author: The Hon. Margery Christiansen

Last Updated: 07/11/2023

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