Zäziwil - Wissenschaftliche Arbeit mit Gefühl (2024)

Obschon in Holland geboren, fühlt sich der Familienforscher Bernard Krijbolder mit dem Emmental eng verbunden: Seine Vorfahren stammen vom Chräjebüel in Zäziwil.

Klarer Fall: Krähenbühl kommt von Krähe. Auf dem blau-weissen Familienwappen sind zwei der schwarzen Vögel mit erhobenen Flügeln zu sehen. Sind sie eben gelandet? Oder wollen abheben? Vielleicht haben sie einfach unsicheren Boden unter den Füssen? Denn einer steht auf der Spitze eines Speers. Die Waffe passt. Denn Stammvater Johannes Kräyenbühl (1713–1753) war ein einfacher Soldat. Er hatte in Holland gedient und wurde später im Emmental Unterförster. Über Kräyenbühl und dessen Nachkommen in und um Zäziwil hat Bernard Krijbolder 45 Jahre lang geforscht. Schon als 18-Jähriger korrespondierte der gebürtige Holländer mit Amtsstellen in der Schweiz. 1953 bestätigte ihm das Staatsarchiv, dass der Name Krähenbühl seinen Ursprung in Zäziwil habe. Noch heute ist das Geschlecht in Zäziwil und im Emmental weit verbreitet.

Von Zäziwil bis in die USA

Der Familienforscher Krijbolder hat zahlreiche Details zur Geschichte der Krähenbühls, Krijbolder, Graybills, Krehbiels in Zäziwil, in der Schweiz und in den USA zusammengetragen. Mit dem Material verfasste er drei Bücher mit insgesamt 1800 Seiten, in denen er chronologisch die Geschichte des Namens und der Menschen, die ihn tragen, erzählt. Eine Ausgabe der Trilogie schenkte Krijbolder der Gemeinde Zäziwil. Die Bücher können auf der Gemeindeverwaltung eingesehen werden, verfasst sind sie allerdings auf Holländisch. Die vielen Bilder und Dokumente schaffen aber einen Zugang zur Materie, den die fremde Sprache verwehrt.


Das Stammhaus steht noch

Auf dem Chräjebühl steht bis heute das Stammhaus von Krijbolders Urvätern (und Müttern): Auf dem Hügel in Zäziwil, 763 Meter über Meer, steht ein grosses Bauernhaus, daneben eine Linde. Im herbstlichen Nebel betrachtet, wirkt der Ort verträumt, als ob die Zeit stehen geblieben wäre. Abgesehen vom Auto, das neben dem Bauernhaus steht, kann man sich gut vorstellen, dass Stammvater Johannes Kräyenbühl hier gelebt hat, zusammen mit vielen, vielen Kindern. Denn im Lauf der Generationen verbreitete sich das Geschlecht rasant, wohl auch mangels Empfängnisverhütung. Familien mit zehn Kindern und mehr waren damals üblich, auch bei den Krähenbühls.

Keine Heiligen

Beim Blättern in Krijbolders Büchern stösst man auf Protokolle des Chorgerichts. Dabei zeigt sich bald, dass die Krähenbühls keine Heiligen waren. In den Gerichtsprotokollen kommt der Name häufig vor. Ein Krähenbühl wurde 1670 verwarnt und verurteilt, weil er seine Dienstmagd geschwängert hatte. Einem anderen erteilte das Gericht 1672 einen Verweis, weil er den Sonntag entheiligt habe. Vor Gericht antreten musste 1673 ein Krähenbühl, weil er nicht mit seiner Ehefrau lebte. Ermahnungen gabs auch, weil Kinder den kirchlichen Unterricht versäumt hatten.

Auch einen Krähenbühl-Witz hat der Autor ausgegraben: «Ein Deutscher und ein Berner treffen sich im Himmel. Der Deutsche stellt sich vor: Gestatten, Meier, Düsseldorf. Sagt der Berner: Un i bi dr Chräjebüel vo Bärn. Schlacht bi Murte.»

Herr Krijbolder, Ihre Vorfahren hiessen Krähenbühl und stammten aus Zäziwil. Wann haben Sie das Dorf zum ersten Mal besucht?

Bernard Krijbolder: Das muss im Juli oder August 1966 gewesen sein, als ich kaum 18 Jahre alt war. Mein Ziel war die alte Kirchgemeinde Grosshöchstetten, zu der Zäziwil noch immer gehört. Damals war die Heimatberechtigung in Grosshöchstetten unseres niederländischen Zweiges des Geschlechtes Krähenbühl noch nicht bewiesen.

Wie haben Sie Ihre Kontakte aufgebaut? Man sagt den Emmentalern ja nach, sie seien introvertiert.

Sicher könnte ich auch darüber ein Buch schreiben. Aber die genealogische Arbeit ist in erster Linie wissenschaftlich: Ich besuchte jahrzehntelang das Staatsarchiv und die Burgerbibliothek Bern, das Bundesarchiv, die Nationalbibliothek und andere Archive. Gleichzeitig habe ich Kontakte an Ort und Stelle aufgebaut. Denn man muss sich mit Land, Volksart und Geschichte identifizieren können, unbedingt Gotthelf lesen und sich an den Stammtisch setzen. Ich muss sagen dass ich als junger Bursche oft angeblickt wurde, als wäre ich ein Gespenst! Später ergaben sich Freundschaften fürs Leben.

Haben Sie direkte Verwandte kennengelernt?

Ja sicher, viele. Mit einigen bin ich schon ungefähr 40 Jahre befreundet. Sie brachten mir das Wesen des Emmentals nahe.

Ihre Vorfahren sind Schweizer, Sie sind Holländer. Wie verbunden sind Sie mit der hiesigen Kultur?

Das Emmental und die Dörfer haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Es handelt sich jetzt um eine moderne Gesellschaft. Aber, ich geniesse meine Freundschaften und was geblieben ist von der ehemaligen Volkskultur. Zum Beispiel das Jodeln, die Schwyzerörgelimusik, regionale Sportarten, die Verbundenheit der Menschen auf dem Lande und unvermeidlich: Berner Platte und Meringue mit Nidle.

Das Resultat Ihrer genealogischen Forschungen sind drei Bücher mit total 1800 Seiten. Was bezeichnen Sie als die Essenz des Werks?

Das ist nur Teil 1 meines letzten Werkes. Ich arbeite gerade an Teil 2. Hab aber vorher, 1989 und 1995, zwei Bücher und eine Bibliografie über die Krähenbühls herausgegeben. Ohne zu prätentiös zu werden, muss ich sagen, dass unsere Vergangenheit zum kulturellen Erbe gehört. Was sich auf Mikroniveau abspielte, darf nicht verloren gehen.

Wen wollen Sie mit Ihrem Werk ansprechen?

Es handelt sich primär um eine Familiengeschichte. Deshalb: die ganze Familie. Aber auch alle, die in den Niederlanden Schweizer Vorfahren haben, etwa Soldaten und die Einwohner der Stadt Herzogenbusch und natürlich alle diejenigen, die an der Berner Geschichte interessiert sind.

Werden Sie Zäziwil weiterhin besuchen?

Man lässt seine Freunde nie allein.

Zur Person

Der Familienforscher

Bernhard Krijbolder wurde 1948 in Wassenaar, Holland, geboren. Er wohnt in der Nähe von Den Haag. Bis 1992 war er Direktor einer Versicherungsgesellschaft, später, bis vor einigen Jahren, selbstständiger internationaler Unternehmungsberater in Europa und Südamerika, wobei er einige Jahren in Argentinien gelebt hat. Sein Ruhestand kennt wenig Ruhe, weil er täglich historische Forschungen macht und schreibt.

Zäziwil - Wissenschaftliche Arbeit mit Gefühl (2024)
Top Articles
Latest Posts
Article information

Author: Pres. Carey Rath

Last Updated:

Views: 6204

Rating: 4 / 5 (41 voted)

Reviews: 80% of readers found this page helpful

Author information

Name: Pres. Carey Rath

Birthday: 1997-03-06

Address: 14955 Ledner Trail, East Rodrickfort, NE 85127-8369

Phone: +18682428114917

Job: National Technology Representative

Hobby: Sand art, Drama, Web surfing, Cycling, Brazilian jiu-jitsu, Leather crafting, Creative writing

Introduction: My name is Pres. Carey Rath, I am a faithful, funny, vast, joyous, lively, brave, glamorous person who loves writing and wants to share my knowledge and understanding with you.